Der Roman »Die Palette« von Hubert Fichte (* 1935, † 1986) ist Zeugnis der erstarrenden Protestbewegung von Jugendlichen in der Bundesrepublik am Ende der 60er Jahre. Schauplatz des Romans ist das Hamburger Kellerlokal »Die Palette«, Stammkneipe junger Leute, die jenseits bürgerlicher Normalitätsvorstellungen leben: Gammler, Ganoven und Zuhälter, Homosexuelle, Transvestiten und Prostituierte, Alkoholiker und Rauschgiftsüchtige, Anarchisten und gescheiterte Existenzen - der Auswurf der profitorientierten Wohlstandsgesellschaft. Jäcki, die Hauptfigur des Romans, ist nie auf die geregelten Bahnen einer bürgerlichen Karriere geraten, lebt mit der Fotografin Irma zusammen und verfasst Kunstkritiken. Das Wichtigste auf der Welt ist für ihn die »Palette«, in deren trüben Dunst er täglich eintaucht. Mit den »Palettianern« nimmt er an wilden Saufgelagen, an sexuellen Orgien und wüsten Exzessen teil. Die »Palette« ist der einzige Ort der Welt, wo er etwas wie Befreiung von bürgerlichen Normen erfährt. Als ihm die »Palette« nach einigen Jahren keine Überraschungen mehr bieten kann, gibt er den Besuch auf. Zurück bleiben Leere und Langeweile, die von den exzentrischen und exaltierten Feiern in der »Palette« nur übertüncht worden waren.
Erscheinungsjahr 1968, Aktualität: Ungebrochen