Meisenstaat

LOVE A

Meisenstaat

LP

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Love A sezieren mit MEISENSTAAT ein krankes System

Fünfeinhalb Jahre sind eine lange Zeit. Insbesondere für eine Band, die zwischen ihren vier vorangegangenen Alben maximal zwei Jahre verstreichen ließ, weil der kreative Output so stark und die Freizeit eine enge Freundin war. „Es gibt eine Ebene, auf der Corona unserer Band nicht geschadet hat. Es hat gutgetan, nicht kontinuierlich live präsent zu sein und uns auf unsere Musik zu konzentrieren“, schlussfolgert Love-A-Sänger Jörkk Mechenbier. Nun ist Zeit kein Garant für Reifung und Entwicklung, im Fall von MEISENSTAAT dürfen wir feststellen, dass wir nicht den soundsovielten Aufguss von etwas bereits Dagewesenem hören. 

Dieses Album ist erstmals ausschließlich innerhalb der Band entstanden und trägt deutlich die Handschrift von Produzenten und Schlagzeuger Karl Brausch. „Wir hatten bei den Aufnahmen ein starkes Proberaumflair. Der ganze Prozess ohne Beteiligung von außen war ein totales Mit- und Füreinander“, beschreibt Mechenbier die Zeit in Brauschs Studio, Unter Null. „Das hat uns die Möglichkeit gegeben ohne Zeitdruck immer dann an der Platte zu arbeiten, wenn wir Lust und Zeit dazu hatten. Erst zum Mischen haben wir die Songs an Robert Whiteley gegeben. Er war dann auch außerhalb der Band der erste, der mit den fertigen Songs überhaupt einen Ton von MEISENSTAAT gehört hat“, ergänzt Brausch.

Viel Hall hüllt speziell die Refrains ein, teils wavig muten Songs mit Delays und Echo wie späte The Cure an („Alles ist einfach“, „Klimawandel“), Gitarren werden weich moduliert, bis wir sie für Keyboards halten („Kann und will nicht mehr“, „Achterbahn“), und gleichzeitig zeigen die Drums in manchen Songs eine mitreißende, fast ungewohnte Härte („Klimawandel“, „Achterbahn“). Dominik Mercier treibt am Bass die härteren Songs vor sich her („Meisenstaat“, „Schlucken oder spucken“) und erinnert andernorts in gewohnter Lässigkeit an UK-Shoegaze („Alles ist einfach“). Pop und Fragilität schweben über MEISENSTAAT und koexistieren neben Druck und Aggression. Vielleicht könnte man sagen, Love A sind mit ihrem Sound in der Summe einen Schritt von den 1980er in die 90er Jahre gegangen. 

Wollen wir dem Album eine Farbe geben, trifft das Artwork von Gitarrist Stefan Weyer die Stimmung: Hoffnungslosigkeit und die Verzweiflung über Stillstand bleiben Love-A-Trademarks. In namentlicher Anlehnung an das Knochenfabrik-Debüt AMEISENSTAAT spiegelt MEISENSTAAT eine Mischung aus Zorn, Niedergeschlagenheit und Resignation wider. Dass die Band sich dabei Abwechslung gönnt, steht ihr nach über zehn Jahren ausgesprochen gut: So spielt Weyer häufiger Einzeltöne als Akkorde und der Gesang ist vielleicht eine der großen Überraschungen. An etlichen Stellen holt Mechenbier den, wie er ihn selbstironisch nennt, „Saarland-Elvis“ raus, der erstmals 2016 beim Justin-Bieber-Cover „Love Yourself“ für die Intro-Compilation „25 x 25“ zum Einsatz kam. „Früher fühlte ich mich mit meiner tieferen Stimme nicht so energievoll wie mit dem hohen Keifen“, beschreibt er die Entwicklung und singt folgerichtig in „Frag nicht“, dem Liebling des Labels: „Klingt komisch, doch ich singe diese Lieder nicht. / Bin ferngesteuert, und die Lieder singen mich.“ 

Über die Texte verrät der Frontmann überraschenderweise, dass sie „ihm früher viel wichtiger waren. Heute fühlen sie sich manchmal wie ein Vehikel zum Gesang an“. Überraschend deshalb, weil die Lyrics nichts an der vertrauten und geliebten Virtuosität eingebüßt haben. Eine derart präzise Beobachtung nicht nur der Unzulänglichkeiten anderer, sondern ebenso der eigenen schonungslos und sprachgewitzt zu verpacken, genießt Seltenheitswert. Beispiel gesucht? 
„Was sollen wir tun, wenn die Glocken läuten / und sie bitten uns um ein Gebet?
Was sollen wir tun, wenn uns aus der Mitte / neue Dunkelheit entgegenweht?
Was sollen wir tun, wenn Geduld zu Schwäche / und die Schwäche dann zu Hass mutiert? Was sollen wir tun, wenn sie Türen öffnen, / hinter denen sich der Abgrund verbirgt?“

Glitterhouse

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Release Date: 10/14/2022

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